Anzeige-, Melde- und Mitteilungspflichten
Meldung von Seuchenausbrüchen innerhalb der EU
Die Verpflichtung der Meldung von Seuchenausbrüchen innerhalb der EU ergibt sich aus Artikel 19 des AHL (hier in Vetlex)
Danach haben die Mitgliedstaaten der Kommission und den übrigen Mitgliedstaaten unverzüglich jeden Ausbruch von gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe e gelisteten Seuchen zu melden. Die Meldung muss folgende Angaben zum Ausbruch umfassen:
a) den Seuchenerreger und gegebenenfalls den Subtyp;
b) die einschlägigen Daten, insbesondere das Datum, an dem der Verdacht festgestellt wurde, und das Datum, an dem der Ausbruch bestätigt wurde;
c) die Art und den Ort des Ausbruchs;
d) jegliche damit zusammenhängende Ausbrüche;
e) die vom Ausbruch betreffenden Tiere;
f) jegliche im Zusammenhang mit dem Ausbruch getroffenen Seuchenbekämpfungsmaßnahmen;
g) den möglichen oder bekannten Ursprung der gelisteten Seuche; h) die verwendeten Diagnosemethoden.
Details regelt die Durchführungsverordnung (EU) 2020/2002 der Kommission vom 7. Dezember 2020 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Meldung gelisteter Seuchen innerhalb der Union und die Berichterstattung über gelistete Seuchen innerhalb der Union, in Bezug auf Formate und Verfahren für die Vorlage von Überwachungsprogrammen in der Union und von Tilgungsprogrammen und die Berichterstattung darüber sowie für Anträge auf Anerkennung des Status „seuchenfrei“ sowie in Bezug auf das elektronische Informationssystem (hier in Vetlex)
Die Meldung erfolgt mit dem das computergestützte Informationssystem für die Meldung und Berichterstattung zu Seuchen ADIS, das im Einklang mit Artikel 22 des AHL (hier in Vetlex) von der Kommission einzurichten und zu verwalten ist (vgl. dazu Durchführungsverordnung (EU) 2019/1715 der Kommission vom 30. September 2019 mit Vorschriften zur Funktionsweise des Informationsmanagementsystems für amtliche Kontrollen und seiner Systemkomponenten (IMSOC-Verordnung), hier in Vetlex)
Voraussetzung dafür ist ein funktionierendes innerstattliches Meldesystem nach Artikel 18 des AHL (hier in Vetlex) - s. u. unter Meldung von Seuchenausbrüchen innerhalb Deutschlands.
Die über TSN abgegebenen Meldungen sind die Datenbasis für die Meldungen des Bundes an die Mitgliedstaaten nach den o. g. Vorgaben - vgl. dazu auch: "24-Stunden-Meldung" und "detailed report" - Schreiben des BMELV vom 18.12.2012. Dieses Schreiben bezieht sich zwar auf eine inzwischen nicht mehr gültige EU-rechtliche Grundlage und auf das bisherige Animal Disease Notification System ADNS als Vorläufer von ADIS, kann aber sinngemäß bezüglich der Anwendung von TSN auch nach der neuen Rechtslage gelesen werden.
Durchführungsbeschluss (EU) 2021/788 der Kommission vom 12. Mai 2021 zur Festlegung von Vorschriften für die Überwachung und Meldung von Infektionen mit SARS-CoV-2 bei bestimmten Tierarten (hier in Vetlex)
Meldung von Seuchenausbrüchen innerhalb Deutschlands
Gem. Artikel 18 des AHL (hier in Vetlex) haben die Mitgliedstaaten ein innerstaatliches Meldesystem einzurichten. In Deutschland erfolgen diese Meldungen auf Basis unterschiedlicher Rechtsgrundlagen:
Anzeigepflicht bei Tierseuchen
Liste der anzeigepflichtigen Tierseuchen: s. § 1 der VO über anzeigepflichtige Tierseuchen (basiert auf §4 TierGesG)
Was ist anzeigepflichtig: Ausbruch UND Verdacht auf Ausbruch einer anzeigepflichtigen Tierseuche ("Erscheinungen, die den Ausbruch befürchten lassen")
Wer ist anzeigepflichtig: Besitzer oder sonstiger Tierhalter sowie jeder, der beruflich mit den Tieren Umgang hat (z.B. praktizierender Tierarzt, Fleischbeschauer, Besamer, Klauenschneider, Schlachter, ...)
Anzeige hat unverzüglich zu erfolgen
Wo ist anzuzeigen: örtlich zuständiges Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt.
Durch die Eingabe in das EDV-Programms "Tierseuchennachrichten" (TSN) erfolgt die Übermittlung der Anzeigen an den Bund
vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift über Tierseuchennachrichten vom 24.11.1994 (s. a. Geißler/Stein/Bätza B-1.1c: "... Die nach Landesrecht zuständigen Behörden teilen dem Bundesministerium ... jeweils unverzüglich das Auftreten anzeigepflichtiger Tierseuchen mit; die Mitteilung erfolgt ... unter Verwendung des EDV-Programms "Tierseuchennachrichten (TSN)" ..."
Details s. §4 TierGesG
Meldepflicht bei Tierseuchen
Liste der meldepflichtigen Tierkrankheiten s. Anlage der VO über meldepflichtige Tierkrankheiten (basiert auf § 27 Abs. 3 TierGesG)
Was ist meldepflichtig: Feststellung der Krankheit / des Erregers (kein Verdacht)
Wer ist meldepflichtig:
- Leiter der Veterinäruntersuchungsämter, der Tiergesundheitsämter oder sonstiger öffentlicher oder privater Untersuchungsstellen
- Tierärzte, die in Ausübung ihres Berufes eine Krankheit oder deren Erreger feststellen (außer wenn Untersuchungsmaterial an o.g. Einrichtung eingesandt wurde)
Meldung hat unverzüglich zu erfolgen
Wo ist zu melden: örtlich zuständiges Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt
Durch die Eingabe in das EDV-Programms "Tierseuchennachrichten" (TSN) erfolgt die Übermittlung der Meldungen an den Bund(vgl. § 2 der VO über meldepflichtige Tierkrankheiten
Details s. VO über meldepflichtige Tierkrankheiten
Mitteilungspflicht nach Hühner-Salmonellen-Verordnung
Neben der Meldepflicht wurde mit § 4 der Hühner-Salmonellen-Verordnung vom 6. April 2009 eine neue Mitteilungspflicht eingeführt. Danach hat der Besitzer eines Zuchtbetriebes oder einer Brüterei den Verdacht auf eine Infektion mit Salmonellen der Kategorie 1 oder 2 oder mit Salmonella Gallinarum Pullorum, der Besitzer eines Aufzuchtbetriebes, eines Legehennenbetriebes oder eines Masthähnchenbetriebes hat den Verdacht auf eine Infektion mit Salmonellen der Kategorie 1 oder mit Salmonella Gallinarum Pullorum unverzüglich der zuständigen Behörde (örtlich zuständiges Veterinäramt) mitzuteilen.
Dokumente zur Anzeige- und Meldepflicht und zur TSN-Meldung
Wann muss eine TSN-Meldung erfolgen
I. anzeigepflichtige Tierseuchen
Die Frage, wann eine anzeigepflichtige Tierseuche bzw. der Verdacht darauf als festgestellt gilt, ergibt sich in der Regel aus den Begriffsbestimmungen der jeweiligen tierseuchenspezifischen Verordnungen.
Die Falldefinitionen für anzeigepflichtige und meldepflichtige Tierseuchen enthalten zu den einezlnen Tierseuchen jeweils die Rubrik "Durch TSN zu übermittelnder Fall". Sie finden sich unter TSN-Online → Informationen → Falldefinitionen)
Zu den Falldefinitionen für gelisteten Seuche gem. Artikel Art. 9 (2) DelVO (EU) 2020/689 s. a. hier:
Das neue EU-Tiergesundheitsrecht → Anwendungs- und Auslegungshinweise → Falldefinitionen für gelisteten Seuche gem. Artikel Art. 9 (2) DelVO (EU) 2020/689
Zur Erfassung von Verdachtsmeldungen in TSN-Online s. E-Mail der LDS vom 10.07.2014
II. meldepflichtige Tierkrankheiten
Neben den unter I. genannten Falldefinitionen werden einzelne Fragen geklärt in
- Erlass des SMS vom 20.08.1998 zur Meldepflicht (Achtung teilweise veraltet: einzelne Krankheiten inzwischen anzeigepflichtig, nicht alle inzwischen meldepflichtigen Krankheiten erfasst)
- Schreiben des BMVEL vom 18.05.2005 zur Meldepflicht bei Leptospirose bei Schaf und Schwein, Paratuberkulose bei Zoo- und Gatterwild, Salmonellose bei lebenden Tieren (außer Rind), Mykobakterien beim Schwein, VTEC
- Meldepflicht bei LPAI: Schreiben des BMELV von 28.04.2009 mit Anschreiben
- TSN-Meldung von Paratuberkulose-Fällen s. Tierseuchenbezogene Dokumente - Paratuberkulose - Falldefinition / TSN-Meldung
- TSN-Meldungen bei ND siehe Newcastle Disease (ND) - ND - Rechtsgrundlagen - Auslegungsfragen
- TSN-Meldung von Chlamydiose-Fälle bei Schafen - E-Mail des BMEL vom 29.04.2022
- TSN-Meldung von HPAI-Fällen:
- Erfassung des genauen H/N-Subtyps bei HPAI und LPAI s. Schreiben des BMEL vom 13.06.2022 mit Anlage und E-Mail-Anschreiben
- Eingabe von Angaben zur Abnahme der vorläufigen Reinigung und Desinfektion sowie zur Abgrenzung von Geflügel (Poultry) und "Nicht-Geflügel" im Sinne der WOAH-Definition: E-Mail des BMEL vom 21.09.2022, ergänzt mit E-Mail vom 07.11.2022
- TSN-Meldungen bei Wildvogelmassensterben: TSN-Meldung Wildvogelmassensterben
Meldung von Primär- bzw. Sekundärausbrüchen und Meldefristen nach unter Berücksichtigung des neuen Tiergesundheitsrechts
Schreiben des BMEL vom 15.09.2021 sowie ergänzende E-Mail des BMEL vom 20.09.2021 zur ASP-Meldung bei Wildschweinen mit E-Mail-Anschreiben der LDS
Hinweise:
- Die im Schreiben des BMEL erwähnten Pflichten zur wöchentlichen Meldungen und jährliche Berichterstattung richten sich an die Mitgliedstaaten, d. h. BMEL muss gegenüber der KOM melden. Damit die entsprechenden Daten beim BMEL vorliegen wird auf die o. g. Meldefristen gem. Allgemeine Verwaltungsvorschrift über Tierseuchennachrichten bzw. VO über meldepflichtige Tierkrankheiten verwiesen.
- Die im Schreiben des BMEL erwähnten Pflichten zur jährliche Berichterstattung umfassen alle Seuchen der Kategorie E, d.h. es müssen über TSN auch diejenigen in TSN als "sonstige Tierseuchen" gemeldete werden, die Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 (hier in Vetlex) gelistet sind, aber nicht unter die VO über anzeigepflichtige Tierseuchen oder die VO über meldepflichtige Tierkrankheiten fallen (z. B. Befall mit Varroa spp. (Varroose))
- In einer sich auf das o. g. Schreiben des BMEL vom 15.09.2021 beziehenden E-Mail des BMEL vom 20.10.2021 wird mitgeteilt, dass bei der Meldung von IHN und VHS Ausbrüchen im Tierseuchennachrichten-System (TSN) im Feld "Bemerkung" jeder einzelnen Meldung anzugeben, ob der Ausbruchsbetrieb in einer freien Zone oder einem freien Kompartiment liegt oder nicht. Das Feld darf in keinem Fall leer bleiben - vgl. dazu auch E-Mail des BMEL vom 12.07.2021 Achtung: neue Regelung mit dem TSN-Update 4.0.1.0 s. Schreiben des BMEL vom 13.06.2022 mit Anlage und E-Mail-Anschreiben
- Erfassung des genauen H/N-Subtyps bei HPAI und LPAI s. Schreiben des BMEL vom 13.06.2022 mit Anlage und E-Mail-Anschreiben
Eine tabellarische Übersicht über reglementierte Tierseuchen, Tierkrankheiten und deren Notifizierungspflicht (OIE, EU, DEU) wurde im bundeseinheitlichen Tierseuchenbekämpfungshandbuch unter TSN-Online→ Krisenmanagement → TSBH → Bund → fachlicher Teil → Rechtsvorschriften eingestellt (Aufruf per Direktlink setzt Anmeldung in TSN-Online voraus)
Arbeit mit dem Programm TSN im Freistaat Sachsen: Erlass des SMS vom 29.03.2011
Allgemeines zur Eingabe anzeige- und meldepflichtiger Tierseuchen in TSN
Erlass des SMS vom 17.07.2009
Anzeigepflicht bei positiven Untersuchungsergebnissen in Probenmaterial aus dem Ausland: Erlass des SMS vom 08.06.2011
Erfassung der FLI-Auftragsnummer bei der TSN-Online-Meldung von HPAI-Ausbrüchen: Leitfaden des FLI mit E-Mail-Anschreiben des TSN-Landesverantwortlichen vom 25.10.2021
Meldepflicht bei Infektionskrankheiten bei Menschen einschl. Zoonosen
Datenaustausch mit den Gesundheitsämtern im Falle der Feststellung von Zoonosen
Gem. § 35 (3a) (3a) TierGesG unterrichten die zuständigen Behörden (in Sachsen Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter) die für die Ermittlungen nach § 25 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zuständigen Behörden (in Sachsen Gesundheitsämter) über den Verdacht oder den Ausbruch einer anzeigepflichtigen Tierseuche oder meldepflichtigen Tierkrankheit, die auf den Menschen übertragen werden kann, unter Angabe der Gemeinde, in der der Verdacht oder der Ausbruch festgestellt worden ist. Personenbezogene Daten dürfen nicht übermittelt werden.
Gem. § 35 (3a) (3b) TierGesG übermittelt die zuständige Behörde (in Sachsen Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter) auf Ersuchen der nach § 25 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zuständigen Behörde (in Sachsen Gesundheitsämter) zum Zwecke der Durchführung der Ermittlungen Name und Anschrift des Tierhalters, in dessen Bestand der Verdacht oder der Ausbruch der Tierseuche oder Tierkrankheit festgestellt worden ist, und den Standort der Tiere, wenn die nach § 25 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zuständige Behörde Ermittlungen nach dieser Vorschrift eingeleitet hat.
sonstige Rechtsgrundlagen zur Meldepflicht bei Infektionskrankheiten bei Menschen (nicht in Zuständigkeit der Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter):
- §§ 6 ff des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG)